To whom it may concern – Ein Zwischenruf zu Ehren der Strukturen

„Es geht nicht um neue Strukturen, sondern um neue Haltungen.“ – Nein, nein und nochmals nein! So nun auch wieder nicht. Ein Zwischenruf.

In manchen Prozessen zur Kirchenentwicklung schwingt fast schon mantra-artig immer wieder der Satz mit, es ginge nicht um neue Strukturen, sondern um neue Haltungen.

An dieser Stelle: Einen Moment bitte!

Ich kann es ja verstehen, dass nach Jahren, in denen immer wieder versucht wurde, die Kirche über einen rein strukturellen Wandel zukunftsfähig aufzustellen, nun genau dieser scheinbar nicht so erfolgreiche Weg kategorisch abgelehnt wird. Nicht selten ist der Satz ein harmonisch passendes Echo auf das Rufen der Gemeinden: „Bitte nicht schon wieder ein neuer Strukturprozess“.

Aber mal ehrlich: Wie soll denn die gewünschte Änderung der Haltungen kollektiv, also in der gesamten Kirche, erreicht werden? Im persönlichen Gespräch mit jedem einzelnen Getauften? Mit Sicherheit nicht!

Strukturen sind ein wichtiges Führungsinstrument in Organisationen!

Und weil es so wichtig ist, noch einmal: Strukturen sind ein wichtiges Führungsinstrument in Organisationen!

Daher: Hört bitte endlich auf, die Strukturen an sich schlecht zu reden! Ja, natürlich, die Gemeinden vor Ort sind vielfach genervt von neuen Strukturdebatten. Aber bitte: Sprecht positiv von der Funktion der Strukturen! Unterscheidet sie von den Inhalten, die sie in der Organisation umsetzen soll(t)en.

Wenn der Wandel der Kirche, wie er derzeit skizziert wird, Erfolg haben soll, dann muss er sich auch in Strukturen niederschlagen. Ansonsten wird er scheitern.

Das gesprochene Wort verhallt, was bleibt ist eine gelebte Struktur.

All die schönen Wörter, wie Partizipation, Charismenorientierung oder Taufwürde, sie verhallen in der Organisation, wenn sie sich nicht in Strukturen wiederfinden. Das in Zeit und Raum stabilisierende Element einer Organisation ist ihre Struktur!

Der beginnende Kulturwandel (nichts anderes ist eine kollektive Haltungsänderung der Organisation Kirche) braucht – nach der Zeit des Aufbruchs – auch inspirierte Strukturen, die helfen, diesen Wandel zu verinnerlichen und im Alltag der Organisation zu leben. Strukturen festigen die neue Kultur.

So anstrengend und trocken es klingen mag, aber erst wenn sich Partizipation, Charismenorientierung oder Taufwürde auch in Rollenprofilen, Prozessbeschreibungen oder Organigrammen niederschlagen, dann bekommt die neue Haltung eine für die Organisation umsetzbare Gestalt.

Kulturwandel ist immer auch ein Strukturwandel. Es geht daher um neue Haltungen und um neue Strukturen.

 

Foto: (c) Michael Bonert


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