Am 21.5.2016 veranstaltete Kirchehoch2 einen ökumenischen Werkstatttag, an dem ich teilgenommen habe und der viele anregende Impulse für meine Arbeit als Berater gebracht hat. Hierzu einige Stichworte:
Kirchehoch2 ist eine ökumenische Bewegung, die von Bistum Hildesheim und der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover getragen wird. Sie hat 2013 einen großen Kongress in Hannover veranstaltet und arbeitet seitdem mit unterschiedlichen Formaten an Kirchenentwicklung. Ein Blick auf die Webseite oder die sehr vielfältigen und gut bespielten Media-Kanäle lohnt sich immer.
Für diesen Tag hatte sich ein ökumenisches Vorbereitungsteam aus der Region Stade zusammen gefunden, um einen gemeinsamen Tag zu planen, an dem Aufbrüche in der Kirche der Region gezeigt, besprochen, gewürdigt und vernetzt werden konnten. Das ganze wurde mit einem Perspektivwechsel als Werkstatttag durchgeführt, der in einer großen Holzwerkstatt nahe Rotenburg (Wümme) stattfand. Es waren ca. 300 Menschen gekommen. Hauptaspekte waren zwei Foren, die jeweils von einem inhaltlichen Impuls und dem Speed-Dating einiger Projekte geprägt waren, und vier Sessions am Nachmittag, die in 13 Zelten zu den unterschiedlichsten Themen stattfanden. Ein Abschlussgottesdienst beendete die Veranstaltung.
Zentral war für mich der Input im Forum mit Christian Hennecke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Bistum Hildesheim und Priester, den ich (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) mit eigenen Worten zusammenfasse:
- Kirche befindet sich andauernd im Umbau. Wir sind niemals in der Situation zu sagen, dass JETZT das Reich Gottes in der Kirche umfassend und vollständig verwirklicht sei. Somit ist Baustelle, Baulärm, Frust und Sorgen ein Normalzustand innerhalb der Kirche, ein ständiges Sterben und Aufbauen.
- Der Baumeister ist der heilige Geist. Wir können uns noch so abmühen, wenn wir nicht mit (oder sogar gegen) den Heiligen Geist arbeiten, wird es vergebens sein. Daher braucht es auch eine Haltung, die immer wieder fragt, was denn der Geist von uns will, was die Zeichen der Zeit seien, die wir zu erkennen beauftragt sind. Schon Oscar Romero brachte dies in einem tollen Text ins Wort.
- Strukturveränderungen sind nur Hilfsmittel. Sie ändern die Kirche nicht (grundlegend). Kirchenentwicklung ist somit kein Strukturprozess, sondern ein Prozess des Hinschauens, des Wahrnehmens, was bereits wächst. (so auch der Titel seines Buches)
- Kirche ist damit eine fluide bewegliche Menge, aber keine flächen(ab)deckende Masse, die mit Gott auf dem Weg ist. „Salz und Licht zu sein“ ist keine Frage der Quantität, sondern der Qualität. Das geht auch in Diaspora-Situationen.
- Die Kategorien Hauptamt und Ehrenamt, Kleriker und Laien passen in dieser Zeit nicht mehr, weil sie eine Hierarchie in sich tragen. Die ganze Gemeinschaft baut das Haus Kirche und jede(r) tut seines/ihres dazu.
- Kirche ist stark, wenn sie eine Aufgabe übernimmt, die Alltagsrelevanz hat. Kirche ist da, wo sie mit anderen das Leben teilen.
- Kirche lebt aus Nähe und Alltagsrelevanz und Beziehungsorientierung. Sie ist ein geistbegabter Prozess des Ermöglichens und Befähigens. Es zählt die Lebendigkeit der Menschen vor Ort.
- Orientierung am und Verwurzelung im Evangelium ist zentral, denn wo sollten wir sonst Orientierung finden. Daraus ergibt sich Freude (können wir unser Kirche-sein auch wirklich feiern?) und Energie, in den Alltag zu gehen.
- All das zusammen ist ein bewegender Wendeprozess. Wir sollen Segensorte ermöglichen, an denen Gott wirksam werden kann und wir ihm dazu verhelfen.
Am Nachmittag habe aus vielen Gesprächen einige neue Impulse mitgenommen
- Können wir nicht Pfarreien im Bistum Hildesheim, die schon seit sechs Jahren mit ehrenamtlichen Gemeindeleitungsteams, Beauftragten für Wortgottesfeiern und generationenübergreifender Katechese Erfahrungen machen, besuchen und von ihnen lernen. Ich habe eine große Offenheit und Bereitschaft hierfür erfahren.
- Alle Projekte, von denen ich erfahren und mit denen ich im Gespräch war, haben eine spirituelle Gründung, die konkrete Auswirkungen auf die Arbeit (und auf das Leben) hat. Kirchenentwicklung und Aufbrüche, das Engagement von Laien (und Hauptamtlichen), die Vernetzung in großen pastoralen Einheiten sowie Abschiednehmen, Trauern und Loslassen sind ohne eine (Rück-)Besinnung auf die Basis, die uns leitet und führt, nicht machbar, bzw. bleiben Aktionismus. Aus der Begegnung mit dem, was uns trägt und leitet, ergibt sich eine Haltungs- und Kulturveränderung.
- Twitter ist immer wieder eine gute Möglichkeit, eine zweite Ebene über eine Konferenz zu legen, und dann auch konkret Menschen kennen zu lernen.
Mein Fazit am Ende des Tages
Kirchenentwicklung ist vor allem dann möglich, wenn sie in ein Gesamtkonzept eingebunden ist. Einzelne Aspekte herauszugreifen scheint zu Überforderung und Frustration zu führen. Eine Besinnung auf die Kraftquelle des Glaubens ist hilfreich und notwendig.
Danke an das Team von Kirchehochzwei für diesen sehr inspirierenden Tag. Ein Storify des Werkstatttages findet sich hier.
(c) Foto: Kirchehochzwei