Liebe Leute! Das Schreiben des Papstes und andere Post. Mein Kommentar zu „Querida Amazonia“.

Am Vormittag des 12. Februar veröffentlichte der Vatikan das nachsynodale apostolische Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus. Wenige Stunden später sind die deutschen Medien – nicht nur die kirchlichen – voll mit diversen Beurteilungen: Enttäuschend, mutlos, ein Rückschlag für den deutschen „Synodalen Weg“. Manchmal mischt sich Sarkasmus in die Kommentare. Spät am Abend finde ich Zeit, mir das Papstschreiben selber anzuschauen. Und ich seufze: „Hä?“.

Unmittelbar darauf entsteht der folgende Text, im Grunde aus einem Guss. Aber in den darauffolgenden Tagen finde ich keine Zeit, den Text zu finalisieren. Das bedeutet jedoch: Andere haben ihre Position bereits veröffentlicht.

Mein Beitrag stellt zu diesem Zeitpunkt keinen originären Mehrwert mehr dar. Aber mir kommt die Idee, meinen Text mit Zitaten aus verschiedenen Kommentierungen der ersten Woche nach der Veröffentlichung von „Querida Amazonia“ durchzuformen. Der jetzige Beitrag greift damit die Debatte auf und positioniert sich zum Papstschreiben und all der anderen Post.

Der Beitrag setzt die kleine Reihe der Kommentierung von Papstschreiben auf diesem Blog fort, auch wenn er diesmal eher theologisch-feuilletonistischen Charakter hat.

Was soll man noch von einem Papst erwarten, der sagt, macht mir mutige Vorschläge – dann machen Bischöfe und Laien mit großer Mehrheit mutige Vorschläge, und was passiert? Nichts.

Hubert Wolf in Christ & Welt / Die ZEIT

Um das gleich zu sagen: Ich bin für einen freiwilligen Zölibat. Denn die ganze Bigotterie rund um aktiv hetero- und homosexuelle Priestermänner ist peinlich. Theologisch ist ein freiwilliger Zölibat plausibilisierbar und institutionell gibt es noch nicht einmal in allen katholischen Kirchen den strengen Zölibat wie in der römisch-katholischen Kirche. 

Ich bin auch für den Diakonat der Frau. Denn biblisch komme ich nicht umhin zu sehen, dass auch Frauen Empfängerinnen der Lehre Jesu waren (siehe z.B. Lk 10,38-42) und von ihr Heilungsdienste ausgehen (siehe z.B. Mk 14,6). Es gibt viele Diakoninnen, nur geweiht sind sie nicht. Verstehe ich die Weihe nicht magisch oder als Zuweisung irdischer Rechtskompetenzen, sondern nach strenger Prüfung als Besiegelung einer Berufung, die Gott für seine Kirche in einen Menschen gelegt hat, fällt mir vernünftigerweise kein Grund ein, Frauen nicht zu weihen.

Ich bin allerdings nicht enttäuscht vom nachsynodalen Schreiben des Papstes.

1.

Da schreibt der Papst an eine Region der weltweiten Kirche. Er benennt die sozialen und ökologischen Themen knallhart und prangert Missstände an (Nummer 14). Er spricht von der pastoralen Notwendigkeit der Inkulturation (Nummer 66). Vor allem auch der liturgischen Inkulturation (Nummer 81). Überhaupt ist Inkulturation ein häufiges Wort in diesem Text (24 mal).

Ideologen verteidigen das Gesetz, Hirten aber die vielen einzelnen Menschen und deren Kulturen.

Paul M. Zulehner auf zulehner.wordpress.com

Was Franziskus sagt ist: Lasst die Dinge zu, die diesen Menschen helfen, Jesus Christus zu erkennen. Und seien es Holzfiguren (siehe dazu die Nummern 79 und 82). Die Hochachtung, mit der Franziskus Texte der Region zitiert, spricht Bände (z.B. in Nummer 31 oder 47). Der Weg der Kirche ist die vorhandene Kultur, ihr Auftrag Gerechtigkeit einzuklagen, Barmherzigkeit zu leben und Frieden zu säen, auch für die geschundene Natur. 

2.

Ja, Papst Franziskus schreibt nichts zu viri probati, obwohl die Amazonas-Synode diese mit Mehrheit als einen Weg zur Lösung der eucharistischen Notlage benennt. Aber Franziskus schreibt auch nichts gegen viri probati. Es ist ein „typischer Franziskus“ weil er den Blick für die Verantwortungsträger vor Ort weitet und den Verantwortungsträgern vor Ort, in erster Linie den Bischöfen, schreibt: Das ist euer Job.

Ich lese, dass die Eucharistie zwar im Mittelpunkt der Kirche steht (Nummern 91 und 92), aber Kirche mehr als das ist (Nummer 93). Nur eine eucharistiefixierte Kirche braucht Eucharistie-Priester. Und mehr Kleriker(*innen) lösen das Klerikalismus-Problem der Kirche nicht. Ich lese stattdessen die Würdigung derer, die vor Ort als Frauen und Männer ihren Dienst tun (Nummern 96 und 97).

Papst Franziskus hat sich für die Abschaffung des „Soli“ entschieden. Er hat im Gegensatz zur wenig stimmigen Norm von c. 274  § 1 CIC, der zufolge allein Kleriker (Soli clerici) Ämter erhalten können, zu deren Ausübung Weihegewalt oder kirchliche Leitungsgewalt erforderlich ist, festgelegt, dass Laien Ämter mit Vollmacht zum sakramentalen Handeln und Leitungsgewalt übertragen werden können. Er hat mit anderen Worten ein klerikales Monopol geknackt

Michael Böhnke auf katholisch.de

Wären verheiratete Priester-Männer und Diakonninnen nicht ein Schlag ins Gesicht der bereits praktizierten Lösungen, ja, eine Entwürdigung? Und fragt die brennende, geschändete, korrupte Amazonas-Region nach der Funktionsstruktur kirchlicher Ämter oder nach einer Ethik und Kulturanthropologie, die mutig sagt „How dare you?“ und „Schämt euch!“ und nach einer Theologie und Liturgie, die Halt und Orientierung gibt? Franziskus legt darauf sehr, sehr viel Wert (Nummer 100). Sein eigener schlichter Lebensstil ist damit kongruent. 

Manche denken ja, das sei für das gelebte Christentum allenfalls ein Nebenaspekt. Ich halte es für ein Megathema. 

Bischof Franz-Josef Overbeck in der Frankfurter Rundschau

Die Frage nach Ämtern ist für Franziskus nicht im Fokus, er ist da herzlich unaufgeregt. Er sieht seine Verantwortung nicht darin, etwas zu lösen, sondern schreibt den Bischöfen vor Ort: Die Frage ist nicht entschieden, geht und schaut nach (Nummern 104 und 105).

Indem er bei aller Unterschiedlichkeit der Ausformungen des priesterlichen Lebens (Nummer 87) an die Bedeutung der Weihe des Priesters erinnert (Nummer 88), stellt er zudem keine Ordnungs-, sondern eine sakramententheologische Frage in den Mittelpunkt. Für Franziskus, den südamerikanisch-volksfrömmig geprägten Christen, wird durch den geweihten Priester die Eucharistie zu dem, was den Christinnen und Christen als Ort der Begegnung und Kraft geschenkt ist (Nummer 89). Man kann die Eucharistie nicht selber machen und deswegen nicht den, der der Feier vorsteht, rein funktional bestimmen – auch nicht in der Mangelsituation.

Das ist nicht das, was viele an lehramtlicher Positionierung erhofft haben.

Das Schreiben des Papstes zeigt überdeutlich, nach welchem Massstab diese Kirche funktioniert: Laien beraten, Geweihte entscheiden – und am Ende entscheidet der Papst ganz alleine.

Daniel Bogner in einem Gastkommentar auf kath.ch

Doch der Papst schlägt die viri probati wohl nicht deswegen nicht vor, weil er etwas gegen verheiratete Priester hat, sondern weil die Frage der viri probati für ihn nicht von der „weltlichen“ Zölibatsfrage, sondern sakramententheologisch von der Verbindung zwischen Weihe und Eucharistie zu klären ist (Nummer 93). Die Weihe ist für Franziskus Garant dafür, dass etwas nicht selbstgemacht ist. Wie kann also jemand, der mit seiner Familie ein „bürgerliches“ vor Ort lebt, für das von außen kommende Geschenk der Eucharistie stehen?

Nur mit dieser Lesart, die nicht von der Lebensform, sondern vom Verständnis der Weihe her denkt, ergibt die „Doppelbotschaft“ einen Sinn, dass Franziskus einerseits die pastoralen Lösungen der Menschen vor Ort lobt, andererseits an die Bischöfe appelliert, Priester zum Einsatz in der Amazonasregion zu motivieren. Zölibatäre Priester sind nicht die besseren Seelsorger, aber sind viri probati die besseren Priester?

Ich sehe in diesem Thema eine theologische Hausaufgabe für uns. Wir diskutieren oft über den Zugang zur Weihe anstatt über ihre Bedeutung. Das Thema greift bis an die Frage nach der Grundkonstitution der Kirche heran: Wann ist die Kirche die Kirche?

Denk- und Gesprächsverbote darüber gibt es nicht, im Gegenteil: Wiederholt lädt der Papst dazu ein, im Gespräch zu bleiben. Für einen Papst, für den der Prozess wichtiger ist als der besetzte Raum (siehe Evangelii Gaudium 223) und die gemeinsame Unterscheidung der Geister wichtiger als Entscheidungen von Obrigkeiten, ist das nur logisch. Wenn es eine kirchenpolitische Aussage von Querida Amazonia gibt, dann diese: Machen wir es uns nicht zu einfach. Und zwar nicht, weil Papst Franziskus etwas schwer machen oder gar Steine in den Weg legen möchte.

3.

Das gilt auch für seine Position zur Stellung der Frau in der Kirche. Franziskus bezieht die moderne Position, welche die Ordnung durch das Gleichgewicht von Gegensätzen herstellt. Der Mann als christlicher Bräutigam und die Frau als marianische Braut stehen in einer gleichwertigen Beziehung zueinander (Nummer 101). Entsprechend wird den Frauen höchste Wertschätzung zuteil, aber ein „Seitenwechsel“ ist in einem solchen Ordnungsgefüge nicht denkbar. 

Das ist sexistisch. Und es tut mir weh. Das Oberhaupt meiner Kirche bleibt bei Aussagen seiner Vorgänger stehen, die die Hälfte der Menschheit als dem Wesen nach nicht weihefähig darstellen. Seine freundlichen Worte übertünchen die Tatsache nicht, dass er sich Frauen als minderwertiges Geschlecht vorstellt. Der Eucharistie vorstehen, dazu sind sie dem Wesen nach nicht fähig.

Regina Laudage-Kleeberg auf katholisch.de

Ich will solche Kirchenmänner nicht verstehen. Ich bin zu wenig tot und zu wenig mariengleich, um über Selbstwidersprüche zärtlich hinwegzusehen. Doch in gewisser Hinsicht ist Franziskus nicht bloß ein altgläubiger Herrenrechtler, er ist ein ganzer Kerl. Er versteckt sich nicht hinter Gottes Willen und Jesu Beispiel. Hier sagt ein Papst ganz klar: Ich will das nicht. Auf diese Ehrlichkeit habe ich lange gewartet.

Christiane Florin in ihrem Blog weiberaufstand.com

Man muss Franziskus vorwerfen, dass er sich postmodernen, a-polaren Ordnungsvorstellungen und von der Geschlechtlichkeit entkoppelten Genderkonzepten nicht öffnet.

Damit wird Frauen die Freiheit und Vielfalt des Mensch-Seins nicht als etwas zugesprochen, das ihrem Wesen gemäß ist.

Sr. Melanie Wolfers in einem Interview auf Ö1

Man fragt sich: Hat der Papst wirklich kein Bewusstsein davon, wie sehr das Modell der hierarchisch gegliederten Kirche mit ihrem Bauprinzip der Geschlechterdiskriminierung viele gläubige Menschen heute empört?

Daniel Bogner in einem Gastkommentar auf kath.ch

Meine Hypothese ist, dass sich Franziskus aber gar nicht an den Frauen abarbeitet (Nummer 103) und gewiss überanstrengt, sondern an der römischen Schultheologie als Grundlage kirchlicher Norm und Moral. Es ist sein Dilemma, dass auf ihm die Erwartung liegt (… auch von uns progressiven Kirchenleuten), eine ordnungsfähige und konsistente Theologie („So und so ist das“) im Bewusstsein der Inkonsistenz unserer Zeit („Was ist überhaupt und warum?“) formulieren zu müssen.

Dem Papst ist aber klar: Es gibt keine integrale Position mehr. Was für ein Gewinn für den Diskurs ist dieser Papst, der das nicht mehr behauptet. Er bietet seine Positionen als „Vision“ (Nummer 111) an – deutlich, aber freundlich, nicht herrschend, aber überzeugt – und appelliert an das Verbindende und die gemeinsame Anstrengung (Nummer 110). So gesehen ist gerade die Schwäche dieses Abschnittes eine Stärke für die Diskussion über die Frau in der Kirche. Franziskus liefert kein „Basta!“, eher ein „Ähm …“. Jetzt ist die Stunde einer wachen feministischen Theologie.

Indem der Papst auf Synodalität und Inkulturation setzt, und die Hirten vor Ort für die Lösung dieser pastoralen Frage verantwortlich macht, setzt er die Hirten in der ganzen Kirche unter Druck.

Paul M. Zulehner auf zulehner.wordpress.com

Unser Job ist nicht das Dagegenhalten oder Mitlaufen, nicht das Nachplappern und -eifern neoklassischer Methoden und Modelle, noch die Aufregung darüber und die Abscheu davor. Nein, unser Job ist das Durchdringen der überlieferten theologischen Lehre auf dem Niveau postmoderner Wissenschaftstheorien und die Kontroverse darüber außerhalb der eigenen Blubberblase.

4.

Schauen wir nach Deutschland. Wir in Deutschland leben in einer anderen Kultur als die Menschen am Amazonas und unsere Kultur braucht in der Zölibats- und Frauenfrage eigene Antworten. Was erwarten wir also von einem südamerikanischen Papst in Rom, der an seine Kollegen im Amazonasgebiet schreibt? Für stellvertretende Symbolpolitik ist dieser Papst nicht zu haben – und das ist gut so. Er wird gewusst haben, dass insbesondere in Deutschland gierig (und zwar von beiden Seiten) auf das Amazonas-Papier geschaut wird. Er ist der Versuchung nicht verfallen, eine „deutsche“ Frage in einem Papier über Amazonien zu klären. Das wäre ja so, als ob ich mit einem Reiseführer für Brasilien versuche mit dem Zug von Stuttgart nach Berlin zu kommen. 

Inkulturation und Evangelisierung – die beiden Leitworte dieses Pontifikats – sind nur von denen zu leisten, die sich mit der Kultur vor Ort auskennen. Das ist die Haltung des Papstes. Papst Franziskus kennt sich nicht im Amazonasgebiet aus. Aber er hat denen zugehört, die sich auskennen und darüber unterhalten haben. Das Schreiben ist sein Sendbrief an diese Menschen. Er kennt sich auch in Deutschland nicht aus. Sein Brief an die deutsche Kirche liegt vor und spielt von der Seitenlinie Hinweise für uns ein. Der Rest liegt bei uns. Tun wir uns zusammen und – um es mit Papst Franziskus zu sagen: „Mutig voran!“

Es kommt einem ein altes jesuitisches Prinzip in den Sinn: Wenn die Söhne des Vaters Ignatius losgeschickt wurden, um in fernen und unbekannten Ländern zu missionieren, dann gaben ihre Oberen ihnen klare Weisungen auf den Weg, sagten ihnen aber zugleich, sie sollten sie vergessen, wenn sie ihnen für die Verkündigung hinderlich sein sollten.

Thomas Schüller auf feinschwarz.net

Ich kann diejenigen Kräfte in unserer deutschen Kirche verstehen, die sich Rückendeckung aus Rom erhofft hatten. Diejenigen, die im Amazonas-Schreiben ein Symbol für Veränderung und Entwicklung bei uns erhofft haben, sind enttäuscht.

Mit dem Papstschreiben sind zwei der vier Foren des Synodalen Weges bereits erledigt, bevor sie ihre Arbeit begonnen haben.

Michael Seewald im Kölner Stadtanzeiger

Aber muss der Papst unsere Themen bearbeiten?. Wie paradox ist das denn: in Abhängigkeit von Rom gehen, auf das man dort sage: „Seid frei.“ Und dem Papst vorzuhalten, er sei kein Reformpapst und selber nicht zu Reformen in der Lage zu sein – das ist unfair.

Das Verhalten von Papst Franziskus fordert dazu heraus, erwachsen zu sein. Deswegen muss der synodale Weg mehr sein als alphabetisch zugeordnete Gesprächspaare, unverbundene Wortbeiträge und doch wieder klassische Rollen in der Liturgie. Es braucht Frauen und Männer, die ihre Meinung offen im Diskurs sagen, miteinander streiten können, denen es nicht um sich selber geht. Menschen, die Verantwortung übernehmen vor dem eigenen Gewissen, theologisch reflektiert. Menschen, die in ihrem Verantwortungsbereich entscheiden, mutig und voller Leidenschaft für die Sache und ohne Angst vor der Haftbarkeit ihres Tuns. Führungskräfte, die auch mal etwas ausprobieren.

Wir müssen (…) lernen, Konflikte auszutragen, widerstreitende Positionen zu verstehen und auszuhalten. Unter demokratisch geschulten und gesinnten Menschen ist das eigentlich nichts Besonderes.

Bischof Franz-Josef Overbeck in der Frankfurter Rundschau

5.

Ist der Zeitpunkt der Ankündigung von Kardinal Marx – einen Tag nach der Veröffentlichung von Querida Amazonia –, nicht für eine Wiederwahl als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz zur Verfügung zu stehen ein publicitywirksames Eingestehen der Machtlosigkeit vor der zentralrömischen Macht? Zeigt der Rückpfiff der Pfarreireform im Bistum Trier aus dem Vatikan, dass jederzeit mit den Hardlinern der Kirchendoktrin gerechnet werden muss? Aber warum werden dann Leute wie Heiner Willmer oder Georg Bätzing Bischof? Warum dürfen im Bistum Linz Laien (in Mangelsituationen) die Taufe spenden?

In welche Richtung geht also die römisch-katholische Kirche? Die Frage ist nicht entschieden. Führt man die Debatte als Lagerkampf? Papst Franziskus tut gut daran, sich nicht auf dieses Niveau herabzulassen. Er lässt sich nicht einordnen in das, was die einen „progressiv“ und die anderen „sich dem Zeitgeist anbiedern“ und dem, was die einen „konservativ“ und die anderen „regressiv“ nennen. Diesen Papst bekommt man kaum zu packen. Und zwar nicht, weil irgendwelche Stimmungen im Vatikan nur einen Schlingerkurs zulassen. Entschuldigung, dafür ist dieser Mann erwachsen und erfahren genug.

Offensichtlich glaubt Papst Franziskus nicht an einen Gott, der erbsenzählerisch abhakt, wer welches (Weihe-)Amt innehat, um das Andenken seiner Liebe zu uns Menschen zu feiern. Menschen, Frauen und Männer, tun einfach in seinem Namen die richtigen Schritte. Wartet nicht auf die Regelschreiber und Recht-Besitzer.

Lisa Kötter auf feinschwarz.net

Die Frage nach der Richtung ist unentscheidbar, wie jede Kulturfrage. Franziskus kann das aushalten. Er respektiert das Gegebene – sowohl die traditionelle Lehre als auch „unkonventionellen“ Lösungen – und achtet auf kulturelle Zeichen mehr als auf ordnungspolitische Setzungen. Kann man sich bis heute trefflich über den „Theologenpapst“ Benedikt XVI. streiten, kann man mit Franziskus nur sehen, weitergehen, beten und essen. Seine Predigten und Katechesen innerhalb wie außerhalb des Vatikans aber sind klassische Exerzitienangebote für die Formung als Christin und als Christ. Welchem Geist folgen wir? Kultur entsteht durch Formung. Entwicklung braucht Beweglichkeit. Entscheidung entsteht durch Unterscheidung. Und der Friede Gottes übersteigt alles Verstehen (vgl. Phil 4,7).

Der deutsche Katholizismus fremdelt mit seinem Papst. Womöglich liegt das nicht nur an ihm. Unser Katholizismus ist ein Relikt früherer Zeiten. Lassen wir ihn zurück.


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